Frauen, die uns bis heute prägen

Bessie wurde 1910 in Glasgow als Elizabeth Leitch Williamson geboren und träumte davon, Lehrerin zu werden. Nach ihrem Abschluss an der Universität Glasgow 1932 bekam sie schließlich einen Ferienjob bei Laphroaig. Nach einem schicksalhaften Urlaub auf Islay 1934 begann sie dort als Stenotypistin. Eigentlich war die Stelle auf drei Monate befristet. Aber Bessie hatte eine enge Beziehung zum Eigentümer Ian Hunter, dem Großneffen der ursprünglichen Gründer von Laphroaig. Deshalb blieb sie fast fünfzig Jahre lang auf der Insel. Mit ihrer Arbeit trug sie dazu bei, die Zukunft von Scotch Whisky in eine neue Richtung zu lenken.

Entscheidend für Bessies Aufstieg war eine Reise in die USA 1938. Dort nahm sie an Geschäftstreffen und Verhandlungen teil. Ian Hunter hatte einen Schlaganfall erlitten und sie vertrat ihn derart kompetent, dass man ihr 1944 wegen der anhaltenden gesundheitlichen Probleme des Besitzers die Leitung der gesamten Laphroaig-Destillerie übertrug. Während des Zweiten Weltkriegs diente die Destillerie als Soldatenunterkunft und Munitionslager. Als Leiterin kümmerte sich Bessie zunächst um die Soldaten, kehrte aber schließlich wieder zurück zur Herstellung von Whisky.

Ian Hunter war dafür bekannt, sehr anspruchsvoll zu sein. Er bewunderte Bessies Leidenschaft, Tatkraft und Entschlossenheit und vertraute ihr voll und ganz. Als er 1954 starb, trat er die Laphroaig-Destillerie an sie ab, zusammen mit Ardenistle House - ihrem künftigen Familiensitz mit Gewächshaus und Blumengarten – und der Nachbarinsel Texa. So ging Bessie in die Geschichte ein – als erste Besitzerin und Leiterin einer schottischen Whiskybrennerei im 20. Jahrhundert.

Die Destillerie, die Bessie übernahm, befand sich in gutem Zustand. Aber das war erst der Anfang der Geschichte. Weil sie in einer deutlichen Männerdomäne einen besonderen Blick auf das Geschäft hatte, wollte die Scotch Whisky Association sie schon bald zur Verbandssprecherin für Auslandsmärkte machen. Ab 1961 arbeitete Bessie für die SWA. Im Zuge dessen reiste sie mehrmals in die USA und hielt dort Vorträge, bei denen sie den Destillationsprozess anhand eines maßstabgetreuen Modells erklärte. Das Ansehen von Laphroaig verbesserte sich hierdurch erst recht.

Auf einer dieser Reisen lernte Bessie auch ihren zukünftigen Ehemann Wishart Campbell kennen. Der kanadische Bariton war zufällig der Enkel eines Pfarrers von Islay. Er und Bessie heirateten 1961 in Glasgow und zogen bald darauf zurück auf die Insel. 

Der ehemalige Leiter des Destillerie John Campbell drückte es so aus: „Dank Bessie ist Laphroaig ein weltweit bekannter Whisky.“ Ihre Fachkenntnisse über die USA und ihr Verhältnis zu Scotch Whisky war für Laphroaig ein entscheidender Faktor für das Erreichen der nächsten Stufe.

1962 musste die Destillerie modernisiert werden. Sie wandte sich an Long John Distillers in Glasgow - letztlich eine Tochtergesellschaft von Schenley Industries, einem riesigen amerikanischen Getränkeimperium - und bot dem Unternehmen 33 % ihrer Anteile an. 1966-67 stieg die Jahresproduktion von Laphroaig durch die Vereinbarung von 200.000 auf 300.000 Gallonen und es gab spannende neue Geschäftsmöglichkeiten auf der anderen Seite des großen Teichs.

In den 60er und 70er Jahren übertrug Bessie anderen nach und nach die Kontrolle der Destillerie, unterstützte aber weiter gemeinnützige Organisationen vor Ort und die Mitarbeiter von Laphroaig. Als Vorsitzende des Scottish Women’s Rural Institute in Kildalton organisierte sie verschiedene Veranstaltungen, um Geld zu sammeln für lokale Anliegen. Den Versammlungssaal von Laphroaig stellte sie für Treffen zur Verfügung. Bessie war zeitlebens eine großzügige Philanthropin. In den 1950er Jahren wurde sie zu Großbritanniens Frau des Jahres gewählt und 1963 wurde ihr für ihre gemeinnützige Tätigkeit der Order of St John verliehen – eine weitere Auszeichnung auf einer namhaften Liste.

1971 setzte sich Bessie zur Ruhe und lebte mit ihrem Mann bis zu ihrem Tod 1982 in Ardenistle House. Sie war eine versierte und wirklich inspirierende Geschäftsfrau. Unter ihr verwandelte sich Laphroaig von einem verheißungsvollen Unternehmen in eine weltweit beliebte Destillerie. Das spürt man noch heute am Geist jeder mit Herz gefertigten Flasche.

2023 feierte Laphroaig dieses wirklich bemerkenswerte Erbe auf gebührende Weise mit einer ganz besonderen limitierten Version – dem Laphroaig 25 Year Old: The Bessie Williamson Story.